Vivaldi

Die Rabenkrähe Vivaldi

Wir haben im Juni 2002 eine junge etwa 5 Wochen alte Rabenkrähe bei uns aufgenommen. Der Vogel, von uns später „Vivaldi” genannt, wurde in halb verhungertem Zustand in Hamburg-Bostelbek gefunden und von uns aufgepäppelt.

Obwohl er zu einem kräftigen und gesunden Jungvogel herangewachsen ist, blieb ein Problem: Vivaldi konnte nicht fliegen! Das lag an einer Fehlbildung der Flügel- und Schwanzfedern. Diese wuchsen zwar in normaler Länge immer wieder nach, brachen jedoch bald darauf wieder ab bzw. fielen ganz aus.

Vivaldi lebte nun in unserem Garten, den er sich nach seinen Vorstellungen eingerichtet hat: Blumentöpfe durften nicht gestapelt in der Ecke stehen, sondern wurden täglich wechselnd verteilt; alle Blumen wurden gepflückt, sobald sich der erste Ansatz einer Blüte zeigte; die Abdeckung des Gartengrills wurde mit großen Löchern versehen, sodass eine gemütliche Höhle entstand.

Er nahm an unserem Familienleben teil: Er liebte es, in einem unbeobachteten Moment in das Wohnzimmer zu hüpfen, dort saß er dann gerne an einer schwer zugänglichen Stelle, oder er versuchte das Sofa zu erreichen. Das ist ein besonders schöner, weicher Platz, und man kann so schön mit dem Schnabel auf dem Polster herummeißeln. Der beste Platz war jedoch auf dem Arm oder auf der Schulter: Dort oben hat man einen guten Überblick, man kann ganz zärtlich an einem menschlichen Ohrläppchen knabbern, und man kann darauf vertrauen, nicht herunterzufallen!

Da er nicht fliegen konnte, mochte er nicht gerne auf hohen Gegenständen sitzen, er hatte geradezu „Höhenangst”. Das Federproblem haben wir, auch nach Umstellung der Ernährung, nicht lösen können. Dieses Problem und seine Zutraulichkeit wurde ihm dann im Sommer 2003 zum Verhängnis: In der Urlaubszeit wurde er bei einer Pflegefamilie in einer großen Voliere untergebracht. Ein Marder hat es eines Nachts geschafft, sich durch die Metallgitter zu beißen. Er hat in dieser Nacht Vivaldi und auch mehrere andere Vögel weggeschleppt.

Schade, dass diese schöne Zeit vorbei ist. Der Garten ist jetzt einsam geworden. Nur unsere Hunde sind froh: Keiner schleicht sich mehr von hinten an und zwickt sie in die Beine oder in den Schwanz...

Weitere Informationen zu Rabenvögeln: http://www.samovila.de/

31.7.2003

© Jens Plawer 2003